Ich lasse mich Werktags vom Radiowecker wecken. Als ich noch jünger war lief dort entweder SWF3 (welches zu SWR3 mutierte), oder EinsLive. Mittlerweile tönt jedoch morgens WDR2 aus dem Monolautsprecher. Dieses penetrante Pseudo-Gute-Laune-Geschnatter der Moderatoren ging mir irgendwann einfach auf den Nerv. Tagsüber ist dies noch zu ertragen, aber wenn man aus dem Tiefschlaf erwacht möchte man wirklich keinen übermotivierten Mitdreißiger hören, der sich in kläglichen Versuchen der Jugendsprache bedient. Und diese Jingles und Gewinnspiele sind morgens noch weniger zu ertragen als tagsüber.
Es ist einfach schöner mit der Realität aufzuwachen, auch wenn sie aus Bombenanschlägen im Irak oder Erdbeben in Indonesien besteht.
Leider lässt die Musikauswahl bei WDR2 zu wünschen übrig. Dies wird besonders deutlich, wenn z.B. Meat Loaf, Fleetwood Mac oder die Bee Gees zwischen den Informationsbeiträgen aus dem Äther tönen. Andererseits weckt es auch schöne Erinnerungen. So z.B. diese Woche, als ich zu den Klängen von T’Pau aufwachte (ob ich bereits mit Kopfschmerzen aufwachte, oder ob sie erst durch den Song verursacht wurden kann ich leider nicht mehr eruieren). Dieses „China in your Hand“ hatte ich eigentlich erfolgreich aus meinem Gedächtnis gestrichen. Dabei hat es mir in meiner Jugend mehrere Jahre Rätsel aufgegeben, denn ich habe nie verstanden was „Träume wie China in den Händen“ bedeuten sollte. Eine Übersetzung habe ich mir nie angesehen, denn ich dachte ja zu wissen, das mit China nur das Land gemeint sein konnte. Jahre später, bei meiner ersten USA-Reise, stand ich im Bloomingdales und sah das Schild „all china 20% off“. Da begriff ich erst, was dieser Songtitel bedeutete, und auf der gleichen Reise rätselte ich ab und an, warum mich New Yorker manchmal seltsam ansahen wenn ich ihnen verkündete ich käme aus „Cologne“. Heutzutage rätsel ich eher, wie viele Amerikaner nicht wissen dass es auch eine Stadt mit dem Namen Cologne gibt, und wie hoch der Prozentsatz der Amis ist, der glaubt dass China nach dem Porzellan benannt wurde.
Frag doch mal in deutschen Gruppen, wo man mit hängenden Augenliedern rumläuft, was sie unter einem Afghanen, Türken oder Marokkaner verstehn.
So manch ein gebürtiger Ausländer wird oft auch etwas belächelt, wenn er auf die Frage, was er denn für ein Landsmann sei, antwortet:
Er sei Edamer, Engländer oder gar Pariser.
Und viele kennen Siena auch nur aus ihrem schulischen Malfarbkasten?
Wobei ich es schon noch für einen Unterschied halte ob man von Siena noch nie etwas gehört hat, oder ob einem China, Afghanistan oder die Türkei nichts sagt.