Grünes Zeichen

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Opposition kann nicht systemimmanent sein.
Karin Happek

Nach der Wahl im Iran schlägt wieder das Kämpferherz in der westlichen Welt. Man redet von Wahlbetrug, unterstützt die Opposition und zeigt Solidarität in dem man sich grüne Avatare bastelt.
Es tut mir leid, aber das geht mir alles zu einfach und der Westen macht hier wieder einen entscheidenden Fehler (auch wenn sich Obama glücklicherweise bisher recht ruhig verhält).
Keine Frage, ob die Wahlen wirklich so sauber über die Bühne gelaufen sind darf bezweifelt werden. Aber davon auszugehen das Ahmadinedschad die Wahl nur durch Betrug gewinnen konnte halte ich für einen Trugschluss. Es ist nämlich bei weitem nicht so als das Ahmadinedschad keine Anhänger im Iran hat, und die Zahl ist größer als man sich im Westen wünscht. Es liegt also durchaus im Bereich des möglichen, dass er die Wahl auch ohne Manipulationen für sich hätte entscheiden können. Und ich halte die Möglichkeit sogar für recht hoch.
Dieses Helfersyndrom für die ach so gebeutelte Opposition kann ich außerdem nicht ganz verstehen, da Mussawi ja nun auch nicht gerade als Freiheitskämpfer und Urdemokrat bekannt ist, und seine Rolle als Reformer ist sehr umstritten. Außerdem wird gerne übersehen das die letzte Machtinstanz im Iran immer noch bei Chamene’i liegt., d.h. ob ein Mussawi wirklich der vom Westen ersehnte Heilsbringer ist, ist allein auf Grund der beschränkten politischen Macht zu bezweifeln.

Den größten Fehler machen wir im Westen jedoch, in dem wir uns auf eine Seite schlagen. Die Verhältnisse im Iran sind nämlich nicht schwarzweiß (grün/weiß?), also Ahmadinedschad = schlecht und Mussawi = gut. Wenn es was zu unterstützen gibt, dann die Demokratiebewegung, aber meiner Meinung nach sollten wir dies auch behutsam tun. Denn jegliche Einmischung von Außen stellt auch eine Gefahr für einen Demokratisierungsprozess dar.

Was ist wenn Mussawi die Oberhand gewinnt, und sich später herausstellt dass er die Wahl auch nicht gewonnen hat? Würde dies nicht jegliche Demokratisierung für Jahrzehnte stoppen?

Gerade die Geschichte des Irans zeigt wie anmaßend und Elitär die westlichen Demokratien im eigenen Interesse handeln und nicht im Interesse des Staates. Ich finde, dass wir uns vornehm zurückhalten müssen, da wir im Iran schon viel zu viel angerichtet haben. Insbesondere in dem wir mal den einen, dann den anderen Machthaber unterstützt haben, nur um uns den Zugang zu Ressourcen zu halten. Ich habe Vertrauen in die Iraner, dass sie selbst das Heft in die Hand nehmen, und in ihrem Interesse handeln. Auch wenn dies evtl. nicht unserem Idealbild entspricht.
Ich werde jedenfalls nicht meinen Blog Grün einfärben um vorschnell Solidarität mit dem potentiell nächsten Despoten zu zeigen. Denn wer etwas mit den Namen Mossadegh, Reza Schah Pahlavi und Ruhollah Chomeini anfangen kann, der weiß wohin jegliche Einmischung von außen führen kann.

[update 20.06.2009 00:13Uhr]

Nach einem Gespräch mit endgültig muss ich evtl. doch noch was zu dem Eintrag ergänzen:
Es geht mir nicht darum, dass ich grundsätzlich etwas gegen das Zeichensetzen in Form von grünen Avataren o.ä. habe. Mein Punkt ist, dass in bestimmten Fällen einfach etwas vorschnell mal ein Zeichen der Solidarität gesetzt wird, dass binnen Stunden zur Mode verkommt, und so kaum noch zur kritischen, intensiven Betrachtung des Themas beiträgt. Die Thematische Auseinandersetzung wird so, sehr schnell, verwässert. Differenzierte Betrachtung ist kaum noch möglich, denn widersetzt man sich der „Mode“ kommt man plötzlich in eine rechtfertigende Haltung.

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