Gegen

Man muss nicht gegen den Strom schwimmen um gegen Atom-Strom zu sein
Unbekannt

Gestern durfte ich wieder mal die leidvolle Erfahrung machen, dass es nicht so einfach ist sich im Sinne des Protests auf die Straße zu begeben. Der aktuelle Anlass war in meinen Augen gegeben nochmals darauf aufmerksam zu machen, dass ich Atomenergie für unverantwortlich halte und einen schnellstmöglichen Ausstieg befürworte.

Da also gestern überall im Lande Mahnwachen stattfinden sollten begab ich mich zum Kölner Rudolfplatz. Ich war schon sehr lange nicht mehr auf einer Demonstration, und als ich die Treppe aus der U-Bahn auf den Platz trat, wurde mir sofort bewusst weshalb ich so lange nicht mehr auf die Strasse gegangen bin. Ich bekam direkt ein paar Flyer in die Hand gedrückt, und es wehten mir Fahnen ins Gesicht mit Abkürzungen die ich erst einmal googlen musste.
Mein Anliegen, nämlich die Abschaffung der Atomenergie, ging in Parteipolitischen Fahnen und abstrusen Spruchbändern unter (SPD und Grüne haben hier übrigen vorbildlich gehandelt und ausdrücklich keine offene Präsenz gezeigt). Man wurde vereinnahmt von den Linken, der SDAJ, einigen Forderungen doch gleich den Kapitalismus abzuschaffen und sonstigen Organisationen die mir bereits vor einem Jahrzehnt die Teilnahme an den Ostermärschen verleidet haben. Nun gut, ich versuchte darüber hinwegzusehen und schaute zu dem kleinen Lastwagen der zu einer Bühne umfunktioniert wurde.

Dort erschien dann eine recht engagierte junge Dame und bat zu erst die parteipolitischen Fahnen herunterzunehmen, da dies ja keine Parteiveranstaltung sein sollte, und wir nur das eine Ziel verfolgen. Gut, dachte ich mir, das sind meine Gedanken und freute mich ob der Aufforderung. Leider wurde diese Aufforderung jedoch nicht befolgt, und während wir noch rätselten wofür SDAJ steht, kündigte man Klaus den Geiger an. Meine Laune sank rapide. Nein, ich habe nichts gegen Klaus den Geiger, aber seit über dreißig Jahren fiedelt der nun in Köln seine Protestlieder, und so langsam wird er zur Marie-Luise Nikuta der Protestbewegungen. Frischer Wind geht anders. Nach zwei Liedern in der extended Version XXL die an meinen Geduldsnerven zogen war glücklicherweise Schluss, so dachte ich mir.

Die junge Dame betrat wieder die provisorische Bühne, und dann begann etwas was ich bis jetzt nicht so ganz verarbeitet habe: Sie lies eine Brandrede vom Stapel, die man bereits verfassungsfeindlich nennen konnte. Ihren Vorsatz nicht parteipolitisch tätig zu werden hat sie ins komplette Gegenteil umgedreht, indem sie eine Hasstirade gegen die Grünen abfeuerte. Sie rief indirekt zur Gewalt auf, und wollte das man alle Wahlen boykottiert. Dies war der Zeitpunkt wo ich gehen musste.

Nein, ich war weder für noch gegen eine Partei dort, ich will den Kapitalismus nicht abschaffen und sehe auch kein Grund Gewalt gegen Polizisten auszuüben. Ich will nur das wir hier in Deutschland endlich eine Vorreiterrolle spielen und aus der Atomenergie aussteigen. Eine halbe Stunde hat mir gereicht um festzustellen, dass es in Deutschland leider über den Weg der Straße anscheinend nicht so einfach möglich ist. Ok, den Geiger ertrage ich zur Not noch, aber die Vereinnahmung politisch Versprengter geht mir dann ein Stück zu weit. Und vermutlich geht dies vielen Menschen so, denn wenn nach der ARD-Umfrage 53% für einen schnellstmöglichen Ausstieg sind, dann würden vermutlich mehr Menschen dafür auch auf die Straße gehen, wenn es dort nicht immer so ablaufen würde wie beschrieben.
Ein wenig erinnerten mich diese gegenseitig bekämpfenden politischen Splittergruppen an den Film das Leben des Brian, wo die verschieden Widerstandsgruppen sich mit der gleichen Idee untereinander blockieren.

Nun gebe ich mich damit aber nicht zufrieden. Wenn es hierzulande anscheinend nicht funktioniert eine breite Basis für eine gewisse Sache unter einem Hut auf die Straße zu bekommen, dann müssen halt andere Wege gesucht werden. Und der erste Weg ist, die Macht des Marktes auszunutzen. Auf diese Macht wird schneller gehorcht als auf jede andere Protestbewegung, so wie das Beispiel E10 gerade wieder zeigt. Also ist das geeignetste Mittel zum Ausstieg, der private Ausstieg. Es gibt mittlerweile einige Stromanbieter in Deutschland die ihren Strom zu 99% nicht aus Atomstrom generieren (das fehlende 1% liegt an der unfähigen Politik getrennte Strombörsen für Spitzenzeiten einzuführen), und ein Wechsel zu einem dieser Anbieter ist nur eine Sache von wenigen Minuten. Ökostrom. Sicher, der Strom ist geringfügig teurer, aber eben nur geringfügig, und wer wirklich für einen Ausstieg ist, dem sollten es die paar Cent wert sein. Ich bin immer wieder erstaunt, das selbst Freunde und Bekannte den Wechsel noch nicht vollzogen haben, obwohl sie genauso gegen die Atomenergie sind.

Ich bin bereits über zehn Jahre Kunde bei Lichtblick und habe dort nur guten Service bekommen, zahle nur geringfügig mehr als ich bei meinem lokalen Anbieter zahlen würde, und der Wechsel war damals innerhalb weniger Minuten vollzogen.

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